Tanzende

Bakterien

Käse ist ein vielfältiges Lebensmittel. Es gibt ihn in tausend Varianten: Weich oder hart, mit Schimmel oder ohne, gewürzt oder nature, rezent oder mild. Und nun gibt es noch eine weitere Variante: Beschallt oder unbeschallt… Moment, was?

In einem Forschungsprojekt von Studierenden im Fach «Sound Art» der Hochschule der Künste Bern (HKB) in Zusammenarbeit mit dem Käsehaus K3 in Burgdorf wurde Käse während seiner Reifung beschallt. Die Studierenden steckten acht Emmentaler Käselaibe in Schallkammern, in denen sie über sechseinhalb Monate Musik verschiedener Genres hören durften. Zur Kontrolle reifte ein neunter Käselaib auch in einer baugleichen Schallkammer, wurde aber nicht beschallt.

Dafür war ein spezieller Lautsprecheraufbau nötig, denn Käse verhält sich für die Schallwellen nicht wie Luft. Die Studierenden konnten die Lautsprecher also nicht einfach neben die Käselaibe stellen. Stattdessen mussten sie die Lautsprecher direkt an der Holzbox anbringen, in der der Käse lag, denn nur so war die optimale Schallübertragung in den Käse gewährleistet.

Danach wurde der Käse über ein halbes Jahr lang beschallt. Neben verschiedenen Musikstilen wie Rock, Klassik, Techno oder HipHop wurden auch Standard-Schallwellen in unterschiedlichen Frequenzen verwendet. Nach einem halben Jahr Reifungszeit wurden die Käselaibe dann zum Einen von professionellen Lebensmittelprüfer:innen der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften  und zum Anderen von einer Jury aus der Kunst- und Gastroszene und aus der Politik verkostet.

Das Ergebnis der sensorischen Konsensanalyse durch die Profis war spektakulär: Insgesamt ist der beschallte Käse im Vergleich zum nicht beschallten Käse durchweg milder im Geschmack. Vor allem der mit HipHop beschallte Käse sticht heraus: Er ist sowohl im Geruch als auch im Geschmack auffällig fruchtig und unterscheidet sich so stark von den anderen Käsen. Aber natürlich notierten die Profis, dass man das Projekt mit einer grösseren Stichprobe wiederholen müsste, um ein aussagekräftiges Ergebnis zu erhalten.

Auch die Jury aus Kulinariker:innen erkannte bei ihrer blinden Käsedegustation den HipHop-Käse als süsslicher als die anderen Käsen. Der mit klassischer Musik beschallte Käse hingegen wurde als «eher spröde und trocken» beschrieben. Ihrer Meinung nach war auch der mit einem einfachen Tiefton von 25 Hertz beschallte Käse im Geschmack ähnlich zum HipHop-Käse.

Das könnte ein Hinweis auf den Mechanismus des Phänomens sein. Vielleicht reagieren die Bakterien, die den Käse produzieren, auf die tiefen Frequenzen der Bässe im HipHop. Das würde auch Beat Wampfler vom Käsehaus K3 nicht überraschen. Seiner Erfahrung nach reagieren die Käsebakterien auf Luftfeuchtigkeit und Temperatur, warum also nicht auf Schallwellen?

Die Studie hat schweizweit und international für viel Aufsehen und Presserummel gesorgt. Viele Medienvertreter:innen waren fasziniert vom «typisch Schweizerischen» Forschungsgegenstand Käse und dem überraschenden Ergebnis des Forschungsprojekts. Deshalb verbreitete sich diese kuriose Nachricht schnell in alle Welt.

Haben wir auch Sie «gluschtig» gemacht? Leider ist nicht klar, ob das Projekt nochmals mit grösseren Stückzahlen wiederholt wird, sodass auch wir in den Genuss der musikalischen Käsen kommen. Doch in jedem Fall finden Sie hier Fotos und hier und hier Videos zum Projekt.

Quellen:

https://idw-online.de/de/news712201

https://www.deutschlandfunkkultur.de/kaese-mit-musik-beschallt-hip-hop-gibt-emmentaler-den-100.html

Die Projektwebseite ist leider nicht mehr verfügbar.